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Youth Leader Biografie: Noah

„Diese Anfangszeit bei KICKFAIR war ein ganz wichtiger Wendepunkt für mich, nachdem ich mich in so vielen Lebensbereichen lange orientierungslos und nicht verstanden gefühlt hatte. Ich wurde hier wahrgenommen und akzeptiert. Ohne den Druck, Leistung erbringen zu müssen und ohne mich über abwertende Reaktionen der anderen sorgen zu müssen. Mir wurde das Gefühl gegeben, dass ich etwas kann und ich begann auch selbst mehr an meine Fähigkeiten zu glauben.“

Es gab eine Phase zwischen der sechsten und siebten Klasse, in der wirklich niemand mehr Hoffnung in mich setzte.

Mir fiel es damals sehr schwer in großen Gruppen klar zu kommen – beim Lernen in der Schule, aber auch in meinem Fußballverein. Da war zum einen der Druck von allen Seiten, mich einzubringen und Leistung zu bringen, den ich als introvertierte Person verstärkt spürte. Zum anderen die negativen Reaktionen auf mich. Ich hatte damals wenig Selbstbewusstsein, sodass ich mit Anfeindungen und Witzen von Mitschüler*innen auf meine Kosten nicht gut umgehen konnte. Das frustrierte mich total und ich verlor die Lust an so ziemlich allem. Es ging so weit, dass ich bei den kleinsten Anlässen sofort in die Luft ging und mich respektlos verhielt. Alle bekamen das spüren. Auch diejenigen, die es gut mit mir meinten, wie Lehrkräfte. Sogar meine Eltern.

Der Fußball, eigentlich meine große Leidenschaft, war zu der Zeit leider auch keine Ausnahme. Da war nichts mit kicken, um den Kopf frei zu bekommen. Bei jedem verlorenen Zweikampf und Laufduell wurde ich direkt vom Trainer runtergemacht. Ich erinnere mich noch, wie ich damals mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Training war und am liebsten wieder umgekehrt wäre. Als ich es irgendwann gar nicht mehr aushalten konnte, sah ich als einzigen Ausweg meinen Vater zu bitten, mich abzumelden.

Es war das Jugendamt, dass mir und meinen Eltern den Wechsel an eine andere Förderschule nahelegte. Ein Neuanfang über den ich froh war, obwohl mich das Neue auch verunsicherte. An der neuen Schule traf ich auf Elvin, einen alten Kumpel. Er war zu Beginn meine wichtigste Bezugsperson. Durch ihn wurde ich in seine Clique aufgenommen, die schnell zu meiner Komfortzone wurde. Alles und alle anderen außerhalb meiner Clique waren mir erst einmal völlig egal.

Eines Tages wurde ich auf ein Nachmittagsangebot aufmerksam: Straßenfußball. Eigentlich wollte ich nichts mit anderen Leuten zu tun haben, aber dann dachte ich mir: „Hey, einfach mal wieder Kicken. Da erwarten mich weder ein Trainer, noch ein Punktspiel, noch Noten.“ So kam ich zu KICKFAIR.Die Anfangszeit bei KICKFAIR war ein ganz wichtiger Wendepunkt für mich. Ich wurde hier wahrgenommen und akzeptiert. Mit jeder neuen Rolle, die ich bei KICKFAIR übernahm, und jeder neuen Erfahrung, die ich dadurch sammelte, fühlte ich mich selbstbewusster.

Es war schnell ein ganz anderes Gefühl als noch im Verein, denn ich verspürte jedes Mal Vorfreude, wissend, dass ich nicht abliefern musste, sondern einfach Spaß am Spielen haben konnte. Erst nach und nach wurde mir klar, wie sich Straßenfußball von gewöhnlichem Fußball unterscheidet und warum es mir gefällt. Die Spielweise ist eine andere, denn der Fokus liegt auf Fairness und gemeinsamen Spaß. Auch im Verein spielten wir natürlich gemeinsam, doch verspürte ich dort Leistungsdruck und das Ziel, gewinnen zu müssen. Das hatte auch Auswirkungen auf den Umgang miteinander. In der KICKFAIR AG brauchte niemand durch Einzelaktionen glänzen oder auffallen, um wahrgenommen zu werden. Genau das spürte ich dort sofort. Ohne es zu planen, kam ich auf diese Weise auch mit anderen Mitschüler*innen in Kontakt und lernte sie mehr und mehr zu schätzen. Wir begannen, uns auch auf dem Schulhof, also außerhalb der AG, zu grüßen.

Diese Anfangszeit bei KICKFAIR war ein ganz wichtiger Wendepunkt für mich, nachdem ich mich in so vielen Lebensbereichen lange orientierungslos und nicht verstanden gefühlt hatte. Ich wurde hier wahrgenommen und akzeptiert. Ohne den Druck, Leistung erbringen zu müssen und ohne mich über abwertende Reaktionen der anderen sorgen zu müssen. Mir wurde das Gefühl gegeben, dass ich etwas kann und ich begann auch selbst mehr an meine Fähigkeiten zu glauben. Wenn es doch einmal Meinungsverschiedenheiten oder negative Kommentare gab, so wurden diese im Kollektiv besprochen – zum Beispiel in der Dialogzone direkt nach dem Spiel. Endlich brachte mir etwas wieder Freude. Ich war motiviert mich mehr einzubringen und mitzugestalten.

In der KICKFAIR AG waren so ziemlich alle Klassenstufen ab der Ersten vertreten. Schnell machte ich es mir zum Ziel, dass auch die Jüngeren Spaß haben – ohne sich durch große Mitspieler*innen wie mich benachteiligt zu fühlen. Mir war es wichtig, dass sie sich willkommen fühlten. Also beschränkte ich mich darauf, sie mit guten Pässen in Szene zu setzen. Je mehr Spaß die Kleineren hatten, desto mehr Freude machte es auch mir. Ich wurde dadurch langsam zum Ansprechpartner für Jüngere, denn sie kamen immer öfter mit Fragen auf mich zu und wollten meine Meinung wissen. Es war für mich dann schon fast selbstverständlich, die KICKFAIR Schulpause mit auf die Beine zu stellen. Wir begannen, eine Pause pro Woche Straßenfußball in der Sporthalle anzubieten. Das Interesse war riesig. Darum erhöhten wir schnell auf zwei große Pausen. Am meisten motivierte mich, die vielen glücklichen Gesichter zu sehen.

Mit jeder neuen Rolle, die ich bei KICKFAIR übernahm, und jeder neuen Erfahrung, die ich dadurch sammelte, fühlte ich mich selbstbewusster. Erst waren es kleinere schulinterne Turniere, dann auch größere Turniere an anderen Schulen. Zu Beginn war ich jedes Mal sehr aufgeregt. Doch mit jedem gelungenen Turnier und zahlreichen positiven Rückmeldungen wurde es leichter. Vor Kurzem fuhr ich erstmals alleine zu einem Youth Leader Camp. Es fand in Leipzig statt, wo ich vorher noch nie war und niemanden kannte. Viele waren beeindruckt, dass ich ganz alleine mitmachte. Doch ich empfand es gar nicht als etwas Besonderes. In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr ich mich weiterentwickelt habe.

Durch die vielen verschiedenen KICKFAIR Erfahrungen fällt es mir mittlerweile ziemlich leicht, aus meiner Komfortzone herauszukommen. Daran war vor ein paar Jahren nicht zu denken. Ich traute mich nun, mehr auf andere Menschen zuzugehen und es fällt mir nicht mehr so schwer, neue Kontakte zu knüpfen. Konflikten trete ich nun offen entgegen. Denn ich spreche negative Gefühle jetzt frühzeitig an, lasse Probleme gar nicht erst groß werden und gehe durchaus selbstkritisch mit meinem eigenen Verhalten um. Dadurch fühle ich mich persönlich viel besser, denn nicht nur das Miteinander mit Mitschüler*innen oder Kolleg*innen verbessert sich hierdurch, sondern auch das Verhältnis zu Familie und Freund*innen.

Ich hatte schon immer recht konkrete Vorstellungen davon, was ich wollte, habe meine Ziele aber nicht konstruktiv verfolgt. Ich stand mir selbst im Weg, obwohl ich mich bereits als strukturierte Person empfand. Wie zielorientiert ich tatsächlich bin, merken jetzt auch andere. Als ich im Sommer meinen Schulabschluss machte, wusste ich bereits, dass ich eine Ausbildung beginnen wollte. Frühzeitig kümmerte ich mich aus diesem Grund um entsprechende Praktikumsstellen im Landschaftsgartenbau. Im Anschluss bekam ich dann direkt eine Lehrstelle angeboten – ganz ohne Bewerbungen schreiben zu müssen. In meinem neuen Job kam ich auf Anhieb sehr gut klar, arbeite zuverlässig und werde respektiert, sodass ich sehr verantwortungsvolle Aufgaben anvertraut bekomme.

Natürlich engagiere ich mich auch weiterhin bei KICKFAIR, denn ich möchte meine Erfahrungen an Jüngere weitergeben und für noch mehr glückliche Gesichter beim Teamen sorgen. Ich bin gespannt, welche Herausforderungen als nächstes auf mich warten und bin bereit, auch dafür wieder ins kalte Wasser zu springen.

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