KICKFAIR und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung – Sustainable Development Goals (SDGs)
Die 17 UN Sustainable Development Goals (SDGs) wurden 2015 im Rahmen der „2030 Agenda for Sustainable Development“ von allen UN-Mitgliedsstaaten verabschiedet. Mit seinem Bildungskonzept, das Kompetenzen und Fähigkeiten mit Werten, Normen und Handlungsprinzipien verknüpft, die auf ein sozial und gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln ausgerichtet sind, leistet KICKFAIR einen positiven Beitrag zur Erreichung von sieben der 17 SDGs. Konkret orientieren wir uns dabei an den entsprechenden Unterzielen und an der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, in der die Bedeutung der SDGs für Deutschland beschrieben ist.
SDG 1
ARMUT IN ALLEN IHREN FORMEN UND ÜBERALL BEENDEN
Der Agenda 2030 liegt ein ganzheitliches Verständnis von Armut zugrunde: Ziel nachhaltiger Entwicklung ist ein Leben aller Menschen in Würde. In der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die die SDGs für den deutschen Kontext übersetzt, geht es bei dem ersten Nachhaltigkeitsziel daher nicht ausschließlich um die Verringerung von Armut, sondern auch um die Verbindung von Armutsgefährdungen mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabechancen. Teilhabechancen hängen in Deutschland jedoch davon ab, welche Schule man besucht, in welcher Gegend man wohnt, welchen sozio-ökonomischen Risikofaktoren man ausgesetzt ist und ob das Umfeld (in der Regel die Eltern) Zugänge zu Partizipation haben. Junge Menschen, die aufgrund unterschiedlicher Faktoren kaum Möglichkeiten zur Partizipation haben, haben demnach kaum oder keine Möglichkeit zu erfahren, warum sich Engagement und demokratische Teilhabe lohnt. Daher sieht die deutsche Nachhaltigkeitspolitik den Schlüssel in Bildungsangeboten: „Wenn […] individuelle Fähigkeiten für die Zukunft eines Menschen entscheidend sein sollen und nicht die soziale Herkunft, sind Bildung und Qualifizierung die Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben“.
Das KICKFAIR Bildungskonzept ermöglicht es, dass junge Menschen ihre Talente entdecken, sich und ihre Fähigkeiten angstfrei entwickeln und ihre Potenziale entfalten können. Sie können aktiv das Miteinander an Schule mitgestalten und sich für ein demokratisches Schulklima einsetzen. Sie erleben, dass es sich lohnt, sich zu engagieren, die eigene Stimme zu erheben und ihre Meinung zu vertreten. Durch diese Erfahrung sind sie auch außerhalb (und nach) der Schule in der Lage, für ihre Bedürfnisse einzustehen, wodurch sich die Teilhabechancen enorm erhöhen.
SDG 4
INKLUSIVE, GLEICHBERECHTIGTE UND HOCHWERTIGE BILDUNG GEWÄHRLEISTEN UND MÖGLICHKEITEN LEBENSLANGEN LERNENS FÜR ALLE FÖRDERN
Wir verankern das KICKFAIR Bildungskonzept nachhaltig an Schulen bundesweit und begleiten individuell und bedarfsorientiert die curriculare Verankerung von Jugendengagement, sozialem und globalem Lernen als Teil einer Schulkultur in einem für junge Menschen wichtigen Sozialraum. Hier sind junge Menschen die Expert*innen, die mit ihren Talenten gleichermaßen anerkannt und wichtig sind – unabhängig von dem, was in hegemonialen Diskursen unter Leistung verstanden wird. Ihnen eröffnen sich echte und konkrete Partizipationsräume, in denen sie nicht nur unterschiedliche Kompetenzen stärken können, sondern vielmehr Potenziale entdecken können, die im herkömmlichen Schulalltag nur bedingt zum Ausdruck kommen. Junge Menschen erleben damit Schule als etwas, wo sie sich wirklich einbringen und weiterentwickeln können, wo Lernen Spaß macht und auch eine Relevanz für sie hat. Sich selbst erleben sie als wirksam und entwickeln ein Gefühl von Zugehörigkeit und Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Durch ihr Engagement übernehmen sie Verantwortung für sich und andere und gestalten das soziale Miteinander und das Zusammenleben in einer vielfältigen Gemeinschaft aktiv mit. So tragen wir zum Unterziel 4.4, „[…] die Zahl der Jugendlichen […] erhöhen, die über die entsprechenden Qualifikationen […] für eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen“, bei. Indem die Jugendlichen Teil einer globalen Straßenfußballbewegung werden und in Austausch mit jungen Menschen aus anderen Ländern kommen, die sich ebenfalls in ihrem Umfeld engagieren, leisten wir einen besonderen Beitrag zu Erreichung des Unterziels 4.7, nämlich „[…] sicher[zu]stellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung“.
Schulen werden durch die Verankerung des KICKFAIR Bildungskonzeptes zu Orten neuen Lernens, in denen Lehrkräfte die Schüler*innen in einem außerunterrichtlichen Setting als Engagierte und Gestalter*innen erleben. Die Beziehungen untereinander und vor allem das Lern- und Schulklima verändern sich positiv und bisherige Sichtweisen auf Erfolg im Sinne von Noten werden durch neue Perspektiven und Bewertungsmechanismen ergänzt. Hierfür bringen wir die unterschiedlichen Schulakteur*innen in einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch und führen gezielt Fortbildungsveranstaltungen durch. Dies tun wir außerdem auch im Rahmen unserer internationalen Lernkooperation Football-Learning-Global (siehe SDG 17). Damit zahlen wir auf das Unterziel 4.c ein, „das Angebot an qualifizierten Lehrkräften unter anderem durch internationale Zusammenarbeit im Bereich der Lehrerausbildung […] wesentlich [zu]erhöhen.“ Auch mit der Entwicklung zahlreicher didaktischer Materialien zum sozialen und globalen Lernen sowie Lehraufträgen und Seminargestaltungen an aktuell fünf Universitäten und pädagogischen Landesinstituten zahlen wir hierauf ein.
SDG 5
GESCHLECHTERGLEICHSTELLUNG ERREICHEN UND ALLE FRAUEN UND MÄDCHEN ZUR SELBSTBESTIMMUNG BEFÄHIGEN
Das Thema Geschlechtergerechtigkeit ist für KICKFAIR ein zentrales Ziel, auch wenn mit unserem Bildungskonzept nicht explizit das Empowerment eines bestimmten Geschlechts (bzw. wie im SDG 5 herausgestellten weiblichen Geschlecht) verfolgen. Es geht uns insbesondere in Anlehnung an das Unterziel 5.1. um die „Beseitigung aller Formen von Diskriminierung“ von Geschlecht. Das bedeutet für uns dann auch Geschlechtergerechtigkeit und ist bei KICKFAIR bereits in der Spielweise verankert: Hier spielen alle mit, egal welches Geschlecht sie haben bzw. welches ihnen sozial zugeschrieben wird. Wir setzen uns im Rahmen der drei Halbzeiten auch damit auseinander, wie alle (und damit auch alle Geschlechter) gleichermaßen am Spiel teilhaben und sich wohlfühlen können. Flankiert wird diese Auseinandersetzung durch didaktische Unterrichtsmaterialien über weltweite Realitäten von Geschlechterungerechtigkeit zu internationalen Partnerorganisationen von KICKFAIR (z.B. Geschlechterrollen in Rwanda, drittes Geschlecht in Pakistan, Mädchen- und Frauenrechte in Indien etc.).
SDG 8
DAUERHAFTES, BREITENWIRKSAMES UND NACHHALTIGES WIRTSCHAFTSWACHSTUM, PRODUKTIVE VOLLBESCHÄFTIGUNG UND MENSCHENWÜRDIGE ARBEIT FÜR ALLE FÖRDERN
Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie übersetzt das SDG 8 für den deutschen Kontext, dass „die Teilhabe und Entwicklungschancen aller Bevölkerungsschichten verbessert [werden müssen], als Voraussetzung für Frieden und Zusammenhalt in der Gesellschaft. Durch gute Arbeit in Deutschland und weltweit soll erreicht werden, dass alle Menschen dank ihrer Beschäftigung ein selbstbestimmtes und gesichertes Leben führen können.“ Jugendliche, die sich über mehrere Jahre hinweg bei KICKFAIR an ihrer Schule engagieren, erwerben vielfältige Kompetenzen und Fähigkeiten und haben oft beeindruckende Biografien vorzuweisen. Wir unterstützen die Schulen, aber auch die Jugendlichen selbst dabei, ihr Engagement zu reflektieren und sich über ihr erworbenes Wissen und ihre eigenen Talente bewusst zu werden. In diesen Reflexionsprozessen ermöglichen wir auch die Verbalisierung und Verschriftlichung des eigenen, vielseitigen Könnens über die Abbildung durch Schulnoten hinaus, um für bestimmte Bewerbungssituationen und die Ausbildungs- und Berufswahl genutzt werden zu können.
SDG 10
UNGLEICHHEIT IN UND ZWISCHEN LÄNDERN VERRINGERN
Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen in einer von sozialen Ungleichheiten geprägten Gesellschaft auf, in der jedes fünfte Kind von Armut und Ausgrenzung bedroht ist.
Kinder und Jugendliche, die von sozialen Ungleichheiten betroffen sind, machen während ihres Heranwachsens regelmäßig die Erfahrung, nicht gut genug zu sein und den in der Mehrheitsgesellschaft vorherrschenden, normativen Leistungsansprüchen nicht zu genügen, sie erleben sich als defizitär und mindertalentiert. Sie stehen unter einem ständigen Druck, sich beweisen zu müssen, besser zu werden und ihre „Defizite“ zu überwinden, so dass auch sie den sozial erwünschten Leistungsansprüchen gerecht werden. Jedoch wissen wir, dass strukturelle Faktoren wie Bildung, finanzielle Ressourcen und Diskriminierungsmerkmale Auswirkungen darauf haben, ob jemand Leistung erbringen kann oder Leistung als solche anerkannt wird. Leistung ist das Ergebnis von Zuschreibungsprozessen der Gesellschaft, die soziale Ungleichheiten nach sich ziehen. Im Bericht zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2021 steht, dass „[d]ie Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland […] für eine nachhaltige Entwicklung, zur Steigerung von Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit, eine hohe Bedeutung [hat]“. Eine Gesellschaft, die mindestens jeden 5. jungen Menschen frustriert, resigniert und im festen Glauben zurücklässt nichts Wertvolles beitragen zu können, verliert – persönlich, volkswirtschaftlich und als demokratische, vielfältige Gesellschaft.
Mit dem KICKFAIR Bildungskonzept wirken wir dem entgegen: Gemeinsam mit Schulen schaffen wir Orte, an denen alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Möglichkeiten haben, ihre Talente zu entdecken, sich und ihre Fähigkeiten angstfrei zu entwickeln und ihre Potenziale zu entfalten. Orte, an denen diese Talente als gleich wichtig und gleich wertig anerkannt sind. Damit ist die Zielperspektive also nicht, dass Jugendliche im klassischen Sinne etwas leisten, sondern dass alle Kinder Jugendlichen gleichermaßen ein Gefühl von Zugehörigkeit entwickeln. Es darf nicht darum gehen, dass sie sich dabei an vorherrschende Strukturen anpassen, in denen Benachteiligung und Chancenungleichheit systemimmanent sind. Und wir dürfen auch die Verantwortung, etwas zu leisten, nicht allein an sie abgeben. Deshalb stehen wir mit KICKFAIR für einen Perspektivwechsel ein: Kinder und Jugendliche sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, weil sie Talente haben, die sie aktiv und wertvoll in eine Gesellschaft einbringen. Mit diesem Perspektivwechsel trägt KICKFAIR zur Erreichung insbesondere des Unterziels 10.2 bei: „Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse, Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbestimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern“.
SDG 16
FRIEDLICHE UND INKLUSIVE GESELLSCHAFTEN FÜR EINE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG FÖRDERN, ALLEN MENSCHEN ZUGANG ZUR JUSTIZ ERMÖGLICHEN UND LEISTUNGSFÄHIGE, RECHENSCHAFTSPFLICHTIGE UND INKLUSIVE INSTITUTIONEN AUF ALLEN EBENEN AUFBAUEN
In Einklang mit dem Bekenntnis der Agenda 2030, die Menschenrechte für alle Menschen zu verwirklichen, baut SDG 16 mit seinen Unterzielen auf universellen Menschenrechtsstandards und -prinzipien auf. Das KICKFAIR Bildungskonzept fußt auf diesen grundlegenden ethischen Dimensionen mit Werten, Normen und Handlungsprinzipien, die auf ein sozial und gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln ausgerichtet sind. Diskriminierungs- und angstfreie Lernräume, ein Schulklima, das den universellen Menschenrechten sowie einem Streben nach Frieden und Gerechtigkeit folgt und das Verankern von demokratischen Teilhabemöglichkeiten zahlen auf das SDG 16 ein. Ausgehend von allen Lernfeldern werden ein soziales Miteinander, ein fairer Umgang und ein Zusammenleben in Vielfalt gefördert. Hierfür entwickeln wir zahlreiche didaktische Materialien und Ansätze (z.B. internationale Ausstellungen, Methoden zu Begegnung in Vielfalt, Informationen zur Auseinandersetzung mit Kinderrechten, Unterrichtspakete zu Frieden, Konflikt und Krieg). Die bei KICKFAIR engagierten Jugendlichen setzen zudem auch öffentliche Zeichen für Frieden, veranstalten Friedensturniere, geben (inter)nationale Workshops zu friedensrelevanten Themen und werden zu Botschafter*innen für Vielfalt und Frieden an ihren Schulen und in ihrem Umfeld.
SDG 17
UMSETZUNGSMITTEL STÄRKEN UND GLOBALE PARTNERSCHAFT FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG MIT NEUEM LEBEN ERFÜLLEN
SDG 17 ist, was seine Unterziele betrifft, das Umfangreichste unter den SDGs. Dabei deckt es unterschiedliche Felder ab, welche eine globale Partnerschaft für eine nachhaltige Entwicklung verkörpern.
KICKFAIR hat zahlreiche nationale und internationale Netzwerke und Partnerschaften. Neben den zentralen Umsetzungspartner*innen, die die unterschiedlichen Schulakteur*innen betreffen (Schulleitungen, Lehrkräfte, Sozialarbeiter*innen, Schüler*innen, Youth Leader und Honorarkräfte), gibt es langfristige Kooperationen mit Förderpartner*innen und im Themenfeld aktive Strukturen (Schulbehörden, pädagogische Landesinstitute, Bundesligavereine, Bildungsinnovator*innen, Social Entrepreneurs, Universitäten etc.).
Um den in den SDGs beschriebenen globalen Herausforderungen zu begegnen, hat KICKFAIR 2009 mit weiteren Organisationen eine Lerngemeinschaft geschlossen. Mit elf Partnerorganisationen aus Afrika, Asien, Europa und Südamerika, die ebenfalls Straßenfußball für Bildungsarbeit nutzen, ermöglicht KICKFAIR vielfältige Formen des globalen Austauschs. Globalen Austausch und globales Lernen verstehen wir dabei nicht nur als „Lernen über den Süden“, sondern ein von- und miteinander Lernen auf Augenhöhe. Gemeinsam entwickelte Lösungsansätze werden lokal angepasst, in bestehenden Bildungslandschaften verankert und mit Strukturen des educational governance verknüpft. In die Entwicklung und Umsetzung der Konzepte werden Jugendliche, pädagogische Fachkräfte, lokale Unterstützer*innen und Partner*innen aus Bildung, Sport und Wissenschaft gleichermaßen einbezogen.
Das Lernen von und mit jungen Menschen weltweit ermöglicht den Jugendlichen die Entwicklung anderer Denk- und Herangehensweisen, eine Sensibilisierung für globale Themenstellungen und Zusammenhänge und das Gefühl globaler Verbundenheit.